Entlastung des Gesundheitssystems – auch Physiotherapeuten können einen Beitrag leisten

Pressemitteilung IFK

Das deutsche Gesundheitssystem steht durch stetig steigende Ausgaben vor großen Herausforderungen. Die Bundesregierung hat daher in ihrem Koalitionsvertrag einige Vorhaben formuliert, die das System entlasten sollen – beispielsweise zur Steuerung von Patienten. Der Bundesverband selbstständiger Physiotherapeuten – IFK e. V. – zeigt auf, welche entscheidende Rolle Physiotherapeuten spielen könnten, um das Gesundheitswesen zu stützen.

Die demografische Entwicklung ist für das deutsche Gesundheitswesen sehr herausfordernd, denn immer mehr Menschen müssen immer länger ärztliche oder therapeutische Behandlungen in Anspruch nehmen. Zugleich verstärkt sie den Fachkräftemangel, da viele Arbeitnehmer in Rente gehen und nicht ausreichend Nachwuchs ausgebildet wird, um die Lücken zu füllen – in der Gesundheitsbranche ist dieser Umstand noch ausgeprägter als in anderen Bereichen. Im Koalitionsvertrag hat die Bundesregierung daher einige strukturelle Reformen vereinbart, die zu Verbesserungen im Gesundheitssektor führen sollen. Ein Punkt ist das sogenannte Primärarztsystem, bei dem die Physiotherapie eine entscheidende Rolle spielen könnte.

Die Kernidee eines Primärversorgungssystems ist, dass Patienten immer zunächst eine definierte primärversorgende Stelle aufsuchen (beispielsweise im Primärarztsystem die Hausarztpraxis) und nicht direkt einen Facharzt konsultieren. Stattdessen übernimmt die primär versorgende Stelle den Erstkontakt zum Patienten und klärt die Behandlungsbedarfe. Anschließend koordiniert sie die erforderliche arzt- und sektorenübergreifende Behandlung. Durch diese zentrale Anlaufstelle soll unter anderem vermieden werden, dass Patienten ohne Überweisung und Abstimmung unterschiedliche Praxen derselben Arztgruppe mehrfach besuchen. Dies hätte Vorteile für alle Beteiligten: Für die Patienten verkürzen sich Wartezeiten, da die Praxen nicht mehr unbegrenzt aufgesucht werden können, und für die behandelnden Personen würde dies eine effektivere, zielgerichtetere sowie effizientere Nutzung der vorhandenen Ressourcen – insbesondere der Arbeitskräfte – bedeuten.

Die Idee eines Primärversorgungssystems ist nicht neu und auch der Bundesverband selbstständiger Physiotherapeuten – IFK e. V. – hat sich im vergangenen Jahr bereits intensiv mit einer möglichen Ausgestaltung beschäftigt. Damit das Primärarztsystem funktioniert, müssen zunächst Rahmenbedingungen für eine bessere Steuerung und Zusammenarbeit geschaffen werden. Es braucht beispielsweise verbindliche Regeln, damit die unterschiedlichen Gesundheitsberufe besser zusammenarbeiten, und technische Möglichkeiten, um einen sicheren und schnellen Austausch von Informationen zu gewährleisten. „In der Praxis erleben wir oft, dass Patienten zu uns kommen, ohne dass uns Physiotherapeuten die für die Behandlung erforderlichen Unterlagen vorliegen. Hätten wir vorab die Möglichkeit, einen Blick in die Patientenakte zu werfen, um OP-Berichte oder Röntgenbilder anzuschauen, könnten wir von Behandlungsbeginn an viel zielgerichteter arbeiten und der Patient hätte einen schnelleren Therapierfolg“, bemängelt Ute Repschläger, Vorstandsvorsitzende beim IFK. Nicht immer scheitert der Informationsaustausch an den technischen Möglichkeiten, betont Repschläger: „Die Kompetenz der Therapeuten wird stellenweise unterschätzt oder zu wenig genutzt. Wir haben nicht nur eine fundierte Ausbildung, sondern auch häufiger Kontakt zum Patienten und erlangen dadurch regelmäßig ein viel umfangreicheres Bild über die Beschwerden als andere Gesundheitsberufe.“

 

Direktzugang: IFK skizziert ergänzenden Baustein mit viel Potenzial 

Neben dem Primärversorgungssystem sieht der IFK noch einen ergänzenden Baustein, um das Gesundheitssystem zu entlasten: den Direktzugang. Auch diese Idee ist nicht neu, der IFK setzt sich bereits seit zwei Jahrzehnten für diesen Ansatz ein. Hierbei kann ein Patient selbstständig einen Physiotherapeuten aufsuchen, ohne dass eine vorherige ärztliche Überweisung oder Diagnose vonnöten ist. Klingt dieses Modell zunächst wie ein Widerspruch zum vorher skizzierten Primärsystem, so ist es aus Sicht des Berufsverbands eine sinnvolle Ergänzung und ein wichtiger Baustein zur Entlastung der Ärzte und damit auch zur Kostenreduzierung. Denn auch hierbei ist das Ziel, Arztkontakte zu reduzieren und vorhandene Ressourcen innerhalb des Gesundheitssystems besser zu nutzen.

Praktisch würde der Direktzugang wie folgt aussehen: Nach dem ersten Termin, in dem ein so genanntes Screening stattfindet – quasi ein Gesundheitscheck, um den aktuellen Zustand des Patienten zu ermitteln –, entscheidet der Physiotherapeut, ob eine Behandlung im Direktzugang möglich ist. Wenn ja, führt er eine Diagnostik durch, startet mit der physiotherapeutischen Behandlung und informiert die primärversorgende Stelle. Sollte er jedoch medizinische Warnsignale (sogenannte „Red Flags“) feststellen, die auf schwerwiegende Erkrankungen hinweisen und eine ärztliche Abklärung erfordern, verweist er den Patienten zur weiteren Koordination der Behandlung an die primärversorgende Stelle.

Aus Sicht des IFK hätte ein gut ausgestalteter Direktzugang als ein Baustein von vielen das Potenzial, zur Kostenreduktion des Gesamtsystems beizutragen, da der Physiotherapeut einen Teil des Patientenaufkommens abfängt. „Der Direktzugang ist zwar nicht für alle Patienten und auch nicht für alle Beschwerden praktikabel. Für Patienten jedoch, die einen eher kurzfristigen Behandlungsbedarf aufweisen, beispielsweise an Rückenschmerzen leiden, die durch Gelenkblockierungen oder lokale Muskelverhärtungen entstanden sind, ist er hervorragend geeignet“, betont Repschläger.

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